Eine Sage aus dem vorderen Bayerischen Wald
In Einfürst (heute zur Stadt Bogen gehörend) gibt es auf dem Scheitelpunkt des Wirtshaus, das schon weit über 500 Jahren besteht und einmal den mächtigen Degenbergern gehört hatte. Drüberhalb der Straße liegt die große Kugelstatt, auf der vor Jahren zwei Bauernburschen ihre Braut „auskegelt“ haben. Sie hatten sich nämlich beide in das gleiche Mädchen verliebt, und wer beim Kegelspiel der „Moar“ blieb, der sollte sie als Bäuerin heimführen.
Der jüngere der beiden, der das Mädchen um jeden Preis besitzen wollte, verbündete sich deswegen mit dem Teufel und verschrieb ihm dafür seine Seele.
An einem Samstagabend sollte das Preiskegeln vonstatten gehen. Der ältere der beiden schob die Kugel wie immer, nicht schlecht, aber auch nicht besonders gut. Manchmal schob er sogar ins volle Haus ein Loch. Wenn dagegen der andere die Kugel warf, wurde diese größer und größer, je näher sie den Kegeln kam. Sie paßte gar nicht mehr durch eine Gasse durch, sondern nahm einfach einen Kegel nach dem anderen mit, so daß kein Saunagel stehenblieb und kein Feldhüter, kein Paarer und kein Hemdknöpfl. Mit einer Bogenkugel vermochte der Meisterstecher sogar den hinteren Kegel allein herauszuholen. So ging jede der Partien zu seinen Gunsten aus.
Das Mädchen aber, das er sich damit erkegelt hatte, starb im Kindbett. Der junge Bauer hat daraufhin das Saufen angefangen und nach und nach seinen Hof an die Wand hingeseicht. Als er dann selber auf dem Sterbebett lag, hörte man in der Einfürster Gegend ein langanhaltendes dumpfes Rollen wie von mächtigen Kegelkugeln, und manche wollen gesehen haben, wie ihn anschließend der Teufel durch die Luft davongetragen habe.
Josef Fendl (* 17. Januar 1929 in Schönbühl, Schwarzach, Landkreis Straubing-Bogen) ist ein bayerischer Schriftsteller. Sein Werk umfasst vor allem bairische Gedichte, Erzählungen und Radio-Features.